autoglaser.de vor Ort am Schadenstag!

Würzburger Karosserie- und Schadenstage 2017

5. April 2017

Voller Erwartung reise ich vergangenen Freitag nach Würzburg zu den diesjährigen Karosserie- und Schadenstagen. Am ersten Veranstaltungstag soll sich alles um das Thema Schaden drehen.

Ich bin gespannt, was es Neues gibt – vor allem für die Branche Autoglas!

Zugegebenermaßen stumpft man zu den „Affären“ Rechnungskürzungen und HUK-Autoservice so langsam ab. Seit Monaten in der Fachpresse präsent und beliebtes Thema bei vielen Podiumsdiskussionen und Keynotes, geht es einem hier so ähnlich wie damals bei Vogel- oder Schweinegrippe! Allmählich ist man der Sache überdrüssig. Doch auch wenn wir es nicht mehr hören können, ist es leider immer noch aktuell und die eigenen Interessen der hier Beteiligten konnten bisher noch nicht gänzlich durchgesetzt werden.

Fast keiner der erstklassigen Referenten hat es versäumt, mit der spitzen Nadel – wenigstens nur ansatzweise – in die Wunde „Rechnungskürzungen durch den Langenfelder Prüfdienstleister“ und die „Vorgehensweise der Coburger“ zu pieksen!



Zum ersten Mal wurde überhaupt die rechtliche Verbindlichkeit von Kalkulationsdaten im Schadensersatzprozess durch den Richter am OLG Düsseldorf, Herrn Dr. Hans-Joseph Scholten, beleuchtet. Nachdem die Erörterung des Themas durch Hr. Dr. Scholten in „einwandfreiem“ Richterdeutsch jedermanns ganze Aufmerksamkeit erforderte, lässt sich hier folgendes Fazit ziehen: leider, und das ist sicher für viele Betriebe und Werkstätten eine eher unbefriedigende Aussage, ist erstens kein Fall wie der andere, zweitens gibt es keine Pauschalität, Verbindlichkeit oder generelle Bezugsquelle, viele Schadensfälle oder Streitigkeiten aus Rechnungskürzungen, die vor einem Gericht landen, enden mit einem jeweils individuellen Urteil des Richters oder der Richterin, gelten sogar die Vorgaben der Automobilhersteller als „unverbindlich“.

Doch wie entstehen eigentlich Schadens-, auch Glasschaden-Kalkulationen? Dieser Frage gingen Michael Zierau vom ZKF (Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik e.V.), sowie Jens Nietzschmann, GF der DAT (Deutsche Automobil Treuhand GmbH) nach. Zierau erläuterte anhand fünf verschiedener Fahrzeugmodelle divergenter Hersteller, dass die Kalkulationen für die exakt gleiche Arbeit bei den beiden großen Datenanbietern jeweils immer differierte. Unterm Strich wichen die gegenübergestellten Kalkulationen nicht extrem voneinander ab, doch jeder Datenanbieter hatte sowohl inhaltliche, als auch preisliche Unterschiede.

Das hängt zum einen mit den Informationslieferungen seitens der Automobilhersteller zusammen. Die Kalkulationsinformationen sind teilweise unvollständig und weisen Lücken auf. Diese können dann z.B. durch Erhebungen und Forschungsergebnisse verschiedener Institute (z.B. IFL oder KTI) gefüllt werden. Zum anderen kann man hier die Vermutung anstellen, dass der Hersteller auch – vielleicht bewusst – am Informationsfluss „spart“, um die Hoheit über seine Daten zu behalten.

Dann variieren Kalkulationen auch zu Positionen wie beispielsweise Kamerakalibrierung nach Frontscheibentausch. Entgegen der allgemeinen Ansicht, dass es hier vom Hersteller fest vorgeschriebene Arbeitswerte zu diesen Arbeitspositionen gibt, ist es so, dass es höchstens nur „Empfehlungen“ oder Grund-Zusatz-AW gibt. Dass eine Kalibrierungsfahrt bei einem dynamisch zu kalibrierenden Fahrzeug nach einem Frontscheibentausch in Berlin weitaus länger dauern kann, als in ländlichen Gegenden, ist nun mal Fakt. Bis das Fahrzeug aus der Berliner City auf einem Streckenabschnitt angekommen ist, auf dem die Kalibrierung erst funktioniert, kann schon gut und gerne eine halbe Stunde vergehen. Andere Betriebe, die vielleicht in Bundesstraßen- oder Autobahnnähe liegen, haben es hier natürlich besser. Auch seitens der Kalibrierungssoftware gibt es Unterschiede und noch keine einheitlichen Standards. Schlussendlich existiert auch künftig immer der Faktor Mensch! Einfach formuliert: nicht alle Mitarbeiter schaffen einen Kamerakalibrierung in der exakt selben Zeit, wie der Kollege.



Um Rechnungskürzungen zu diesen Positionen zu vermeiden, sollte man also das Kalibrierungsprotokoll immer direkt an die Rechnung mit anheften, damit Fragen erst gar nicht entstehen. Im Übrigen kann so ein Protokoll auch an die digitale Rechnung mit angehängt werden.

Am Nachmittag kamen ferner die vielen teilnehmenden Kfz-Sachverständigen auf ihre Kosten, wurde hier viel zum Schadensgutachten und dem Kostenvoranschlag im Haftpflicht- und Kaskofall berichtet.

Ulrich Dilchert vom ZDK (Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V.) gab zum Schluss des ersten Veranstaltungstages den teilnehmenden Betrieben und Werkstätten noch Hausaufgaben mit auf den Weg. Auch hier schließt sich der Kreis wieder und wir kommen zurück zur eigenen Firmenwebseite und den eigenen AGB. Seit Februar dieses Jahres besteht die Hinweispflicht im Impressum der Webseite und in den AGB zu §36 Verbraucherstreitbeilegungsesetz (VSBG). Also ein gründlicher Webseitencheck lohnt sich immer, wie wir letztens berichteten.

Mit so viel Expertenwissen rund um das Thema „Schaden“, verabschiede ich mich bei sommerlichen Temperaturen von Würzburg, um Ihnen liebe Leserinnen und Leser, diese Themen gerne weiter zu geben.

Ich kann mich hier der Meinung von Joachim Otting, Rechtsanwalt und auf Kaskorecht spezialisiert, nur anschließen: „Wenn Versicherer Ansprüche gegen geltendes Recht kürzen, kommen sie in 90 Prozent der Fälle damit durch! SIE sollten zu den anderen 10 Prozent gehören!“

Kommen Sie hoffentlich ganz unbeschadet durch diese Woche!


 

Martina Weller Redaktion autoglaser.de & smart-repari.de 05.04.2017


 

Autor: AUTO.net GLASinnovation
Quelle: AUTO.net GLASinnovation gmbh

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