Technische Richtlinien für verklebte Frontscheiben

autoglaser.de im Interview mit dem BVA e.V.

9. April 2018

Der Bundesverband Autoglaser e.V. veröffentlicht aktuell technische Richtlinien für die Reparaturverglasung von geklebten Windschutzscheiben aus Verbund-Sicherheitsglas.

Nähere Informationen zu festgelegten Standards und definierte Arbeitsprozesse für eine einheitliche Richtlinie, mehr dazu im Interview mit dem BVA e.V.   


Warum hat der Bundesverband Autoglaser e. V. die technische Richtlinie für verklebte Pkw-Frontscheiben herausgebracht?

Antwort:
Der BVA setzt sich seit 20 Jahren als kompetente fachliche Interessenvertretung der Autoglaser in Deutschland für die beruflichen, fachlichen, betriebswirtschaftlichen und sozialen Belange seiner Mitglieder ein. Neben aktuellen Fachschulungsangeboten und Brancheninfos zur kontinuierlichen Weiterentwicklung gehören auch einheitliche Qualitätsstandards. Da es keine Grundlagen der Fahrzeugverglasung gab, hat der Verband eigene Standards entwickelt, die auf Grundkenntnissen und jahrzehntelangen Erfahrungen beruhen. Dazu war es erforderlich, Arbeitsprozesse auf der Basis von rechtlichen Grundlagen zu definieren, um einheitliche Richtlinien zu erstellen. Die „Technische Richtlinie für verklebte Pkw-Frontscheiben“ ist die zweite von uns veröffentlichte Richtlinie neben der „Richtlinie für reparierte Steinschlagschäden“, die gerne als Maßstab angesetzt wird und von einer bekannten Versicherung zitiert wird.



Worauf begründen Sie die Notwendigkeit?

Antwort:
Der Autoglaser hat in erster Linie nach der ECE-Regelung Nr. 43 sowie den Angaben der Hersteller zu arbeiten und den entsprechenden Nachweis zu führen. Die ECE-Regelung beschreibt die Montage von Fahrzeugscheiben in lediglich zwei Sätzen. Die Angaben der Hersteller sind häufig unvollständig, da die für den Autoglaser wichtigen Details fehlen. Darüber hinaus sind bei einigen Ausführungen Arbeitsschritte beschrieben, die wir als unnötig oder fachlich unkorrekt einordnen würden.

Haben Sie ein Beispiel?

Antwort:
Bei einem Hersteller wird eine Dichtigkeitsprüfung mit Wasser gefordert, die umgehend nach Verklebung der Scheibe erfolgen sollte. Diese Maßnahme ist aus unserer Sicht nicht zielfördernd und notwendig, da sie die Belastung im Fahrbetrieb nicht simuliert. Andere Montageanleitungen beschreiben den Tausch der Scheibe in einem Satz, z. B.: Klemmen Sie die Batterie ab, bauen Sie die Scheibe aus, reinigen Sie den Falz und verkleben Sie die neue Scheibe. Hier fehlen jegliche fachlichen Details zur technischen Umsetzung unter Berücksichtigung der Besonderheiten und Rahmenbedingungen, wie z. B. sichere Wegfahrzeit nach Verglasung einer Fahrzeugscheibe.

Wofür benötigt der Autoglaser diese Richtlinie?

Richtlinien sollen Rechtssicherheit geben. Im Schadenfall, der hoffentlich nie eintreten mag, muss die Werkstatt nachweisen, dass sie nach den Herstellerangaben und nach aktuellem  Stand der Technik gearbeitet hat. Die Richtlinie soll die Grundlage zur Ausführung und Bewertung von Arbeitsleistungen darstellen.

Wird in der Richtlinie auch die Qualität von Arbeitsleistungen beschrieben?

Antwort:
Die Qualität von Arbeitsleistungen bzw. die Beschreibung von korrekten Arbeitsabläufen sind in unserem „Handbuch Qualität“ beschrieben. Es wird in Kürze in einem neuen BVA-Erscheinungsbild und inklusive technisch aktueller Themen als Update-Version veröffentlicht.

Darüber hinaus hat der Bundesverband Autoglaser e. V. ein eigenes Konzept zur Auditierung von „Fahrzeugverglasungsbetrieben“ erstellt, das alle, aus fachlicher Sicht relevanten Kriterien, die für eine betriebliche Zertifizierung erforderlich sind, enthalten. Es hebt sich mit seinen Zertifizierungskriterien von anderen ab, da es wiederum auf den Grundlagen der Fahrzeugverglasung, die im „Handbuch Qualität“ definiert wurden, basiert und eine fachlich fundierte Vorbereitung in Form von rechtlich erforderlichen Fachschulungen und regelmäßige Updates voraussetzt.

Diese BVA-Veröffentlichungen:

  • Technische Richtlinie für Steinschlagreparaturen
  • Technische Richtlinie für die Reparaturverglasung von geklebten Windschutzscheiben aus Verbund-Sicherheitsglas
  • Handbuch Qualität
  • Auditierungs-Kritierien zur Zertifizierung von Autoglaser-Fachbetrieben

sehen wir als notwendige Grundpfeiler eines Fachverbandes, die der rechtlichen Sicherheit und wirtschaftlichen Stabilität der Autoglasbetriebe dienen sollen.

Ist diese Richtlinie automatisch Vertragsbestandteil eines Auftrages?

Antwort:
Um Vertragsbestandteil zu sein, müsste die „Technische Richtlinie“ dem Kunden vor Ausführung der Arbeiten als Beurteilungskriterium zur Einsicht vorgelegt und vereinbarungsgemäß von ihm unterschrieben werden. In der Praxis werden Informations- und Dokumentationspflichten im Zusammenhang mit dem Einholen von Unterschriften der Kunden leider häufig aufgrund des Zeitdrucks aller Beteiligten vernachlässigt. Wir empfehlen jedoch zur eigenen Absicherung eine gründliche Auftragsabwicklung und dazu gehören heutzutage immer stärker auch schriftliche Vereinbarungen.

Ziel ist grundsätzlich, dass die Richtlinie, wie unsere bereits bekannte „Technische Richtlinie für Steinschlagreparaturen“, allgemeine Anerkennung findet.
 
Welche Themen beinhaltet die Richtlinie?

Antwort:
Wir haben in der Richtlinie in erster Linie technische Themen, wie „sichere Wegfahrzeit“, „Beurteilung und Einordnung von Oberflächenbeschädigungen neu eingesetzter Scheiben“ sowie „zulässige Klebemittel“ behandelt.

Wo kann die Richtlinie bezogen werden und wie viel kostet sie?

Antwort:
Die Richtlinie kann über den Bundesverband Autoglaser, Parkstraße 6, 65549 Limburg (E-Mail: bv-autoglaser@arcor.de) bestellt werden. Die Technische Richtlinie (Broschüre 26 Seiten) ist zum Preis von 28,00 Euro zzgl. 3,00 Euro Versandkosten für BVA-Mitglieder bzw. 38,00 € zzgl. 3,00 € Versandkosten für Nichtmitglieder erhältlich.

Wie ist der aktuelle Stand bezüglich Ausbildung zum Autoglaser?

Antwort:
Wir führen derzeit mit mehreren Handwerkskammern Gespräche bezüglich Weiterbildung und Qualifizierung. Ein Kontakt mit Sozialpartnern, die ein 50%iges Mitspracherecht bei Berufsgründungen und Berufsänderungen haben, ist in Kürze geplant. Das Ziel ist nach wie vor eines unserer Schwerpunktthemen, mit dem wir täglich befasst sind. Wir hoffen auf die Einsicht der Kooperationspartner, dass „Fahrzeugverglasung“ aufgrund neuester technischer Möglichkeiten und Voraussetzungen ein umfangreiches Weiterbildungsangebot erfordert, das den sicherheitsrelevanten Aspekten zum Schutz der Insassen und anderen Verkehrsteilnehmer gerecht wird. Frühere Argumente, wie z. B. „Fahrzeugverglasung könne doch jeder und sei nicht so kompliziert“ sind aus aus fachlicher Sicht nicht zeitgemäß und aus vorgenannten Gründen nicht nachvollziehbar. Hier ist ein Zusammenwirken aller Innungen und Verbände erforderlich, um die bestehenden Fahrzeugverglasungsbetriebe, die sich seit Jahrzehnten, oft in Familienbetriebsstrukturen, mit den technischen Herausforderungen weiterentwickelt haben, existent und zukunftsfähig zu machen. Synergien in Kooperationen mit Kfz-, Aufbereitungs- und Smart-Repairbetrieben, wie wir es häufig in der Praxis erleben, bieten brauchbare Lösungen für den Reparaturmarkt.

Gibt es ein Fazit zur im letzten Jahr stattgefundenen Fachmesse "tasc"?

Antwort:
Die erste Messe für „Autoglas, Smart-Repair und Aufbereitung“ war für alle Beteiligten ein großer Erfolg. Dass die Messe Düsseldorf Vorreiter dieser Fachgruppen sein möchte, wurde belohnt. Sie haben ihre Erfahrungen genutzt und sowohl mit der guten Auswahl der Location und dem Rahmenprogramm das Interesse sowie die Kreativität der Branche angesprochen.

Die Industrie, insbesondere auch unsere Fördermitglieder, waren mit eindrucksvollen Messeständen und Workshops vertreten. Anfang Februar fand das erste Treffen des Lenkungskreises der "tasc-Messe" statt. Die Auswertungen haben ergeben, dass die Autoglaser am stärksten vertreten waren. Das liegt sicherlich daran, dass der Verband intensiv für die Kick-off-Veranstaltung „tasc“ geworben und seinerseits mit Messesstand vertreten war, um über technische Herausforderungen, Weiterbildungsmöglichkeiten und Verbandsaktivitäten zu informieren. Gemeinsam mit den BVA-Fördermitgliedern wurde ein Wettbewerb durchgeführt, der die Fachkenntnisse der Besucher auf den Prüfstand gestellt hat. Die anschließende Verlosung der Sachpreise unserer Fördermitglieder war ein Highlight neben den interessanten Podiumsdiskussionen und Vorträgen auf der Bühne der Kalthalle auf dem Areal Böhler, an denen auch Vertreter des BVA-Vorstands mitgewirkt haben. Für uns, als Verbandsvertreter war die „tasc“ eine gute Plattform, um Kontakte mit anderen Verbänden und Institutionen herzustellen und in den direkten Fachdialog einzusteigen. Diese Netzwerke wollen wir nun weiter ausbauen.

Die Redaktion von autoglaser.de bedankt sich für das ausführliche Interview zum Thema technische Richtlinien für verklebte Frontscheiben.

09.04.2018

Quelle: Bilder tasc-expo, ampnet-photo, BVA e.V.

Autor: AUTO.net GLASinnovation
Quelle: AUTO.net GLASinnovation gmbh

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