Autoglas-Testkäufer unterwegs!

21. Juli 2011

Carglass führt Autoglas-Mitbewerber aufs Glatteis

Wir wollten es erst nicht glauben: Carglass schickt bundesweit Vertreter des bekannten Testkaufunternehmens Concertare zu Autoglas-Mitbewerbern. Zweck der Übung ist, beim Besuch der Mitbewerber den Erlass der Selbstbeteiligung auszuhandeln. Lässt sich der Unternehmer darauf ein, gibt es umgehend eine anwaltliche Abmahnung im Auftrag der Carglass Deutschland GmbH.

Mehrere Autoglasbetriebe informierten uns über diese äußerst üble Masche. Denn hier geht es nicht darum, Versicherungen vor Missbrauch zu bewahren, sondern ausschließlich darum, Wettbewerber in die Schmuddelecke zu stellen. Ein uns gut bekannter Autoglaser erhielt im Mai eine Abmahnung mit der Aufforderung eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben und natürlich die Kostenrechnung des ausführenden Rechtsanwaltes zu begleichen. Dem Unternehmen wurde  vorgeworfen, ein Mitarbeiter habe zwei gemeinschaftlich aufgetretenen Personen das Angebot gemacht, bei der Erneuerung einer Windschutzscheibe gegen Abtretung, auf die Berechnung der vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung zu verzichten. Im Wiederholungsfall wurde mit einer Geldbuße von 25.000,- Euro gedroht.

Der Betriebsinhaber widersprach jedoch der Abmahnung, weil dessen Mitarbeiter wissentlich keinen Nachlass der SB eingeräumt hatte. Und so kam es zur Gerichtsverhandlung. Der Richter hatte zur Klärung des Sachverhaltes neben dem betroffenen Autoglaser und dessen Mitarbeiter auch die Lockvögel der Firma Concertare zur Aussage vor die Schranken des Gerichtes zitiert. Carglass wurde durch eine Anwältin vertreten.

Vorsicht vor diesen Lockvögeln!          Lassen Sie sich nicht einwickeln!

Wie die Concertare-Mitarbeiter aussagten, waren sie im Vorfeld der Testkaufaktion gründlich geschult worden, wie beim Verkaufsgespräch vorgegangen werden sollte. Etwa zehn Betriebe pro Tag seien zu besuchen. Dabei gab das Lockvogelpärchen an, einen Steinschlag im direkten Sichtfeld der Frontscheibe eines hochwertigen Fahrzeuges erlitten zu haben. Das Fahrzeug habe man allerdings jetzt nicht mit dabei, möchte jedoch schon einmal ein Angebot haben. Im Laufe des Verkaufsgespräches sei man sehr bald auf die zu zahlende Selbstbeteiligung gekommen, um deren Erlass man unverblümt nachfragte. Zögerlichem Verhalten des angesprochenen Mitbewerbers sei man dahingehend begegnet, dass doch andere Autoglasanbieter auch die SB erlassen würden.

Der Rechtsvertreterin von Carglass war diese Aussage sichtlich peinlich, während der Richter Stirn runzelnd diese Aussage zur Kenntnis nahm. So erging denn auch noch kein Urteil, da nicht eindeutig geklärt werden konnte, ob der Nachlass tatsächlich eingeräumt worden sei. Stutzig machte den Richter auch, dass der Tester, wie er selbst erläuterte, des Abends im stillen Kämmerlein vorformulierte, aus Textbausteinen bestehende eidesstattliche Erklärungen schreibt und sich dabei an alle, auch winzige Einzelheiten der jeweiligen Gespräche erinnern kann. Die Verhandlung wurde erst einmal vertagt, damit sich der Richter über weitergehende Rechtsvorschriften in einem derartigen Fall kundig machen kann.

Ungeachtet dessen, wie das Urteil letztlich ausfallen mag, ist es schon ein starkes Stück, was sich die Vorgaukler der heilen Autoglaswelt aus der rot-gelben Zentrale in Köln hier ausgedacht haben und was sie damit bezwecken wollen. So lässt sich erst einmal nur vermuten, wozu dieses plumpe Manöver dienen soll.

Justitia – Du hast es schwer!

Möglicherweise werden “ertappte“ Autoglaser an die jeweils vorgegebene Versicherung als schwarze Schafe gemeldet, damit diese nicht mehr deren Versicherungskunden empfohlen werden. Oder man will bei den Versicherungen Boden gut machen, der durch die “bedarfssteigernde Werbung“ verloren ging. Andererseits darf man nicht verkennen, dass im nachgewiesenen Wiederholungsfall 25.000 Euro Bußgeld das Aus für kleinere Betriebe bedeuten kann.

Ausgerechnet ein weltweit operierendes Unternehmen wie Carglass, das keine Gelegenheit versäumt, sich werblich als Gutmensch aller Autofahrer schlechthin darzustellen, macht sich mit dieser Vorgehensweise sichtlich unseriös. Wie ernst kann man da noch das Gefasel über Kundenorientierung und Corporate Governance nehmen, wenn mit solchen Mäzchen um vermeintliche Wettbewerbsvorteile gerungen wird? Betrachtet man in diesem Zusammenhang, wie die fröhlichen Saubermänner und -frauen in der Carglass-Werbung die Vorteile ihres Unternehmens kommunizieren, kann einem, vorsichtig ausgedrückt, nur noch schlecht werden. Wohl wissend, dass Carglass zum Beispiel nach wie vor fragwürdige und unerlaubte Provisionen an örtliche Versicherungsagenten zahlt.

Weltweit sind derzeit auch andere Belron-Töchter (u. a. Autoglass, Safelite) mit ähnlich subtilen Kampagnen unterwegs, um sich als politisch korrekte Autoglasunternehmen zu positionieren. Wir berichteten bereits darüber, welche teils haarsträubenden Werbekampagnen und Anbiederungen bei Versicherungen in den USA und Großbritannien angelaufen sind. Dort jedoch haben sich Autoglaser und Wettbewerbshüter erfolgreich zur Wehr gesetzt.

Und wie sieht es in Deutschland aus? Es ist erstaunlich, dass keine Autoglaser, keine Wettbewerbsgruppe, kein Verband und keine Wettbewerbshüter sich dazu aufschwingen, mal gründlich in diese gelb-rote Suppe zu spucken. Insbesondere wegen der penetranten “Kostenlos-Werbung“ und der haarsträubenden Angstmache bei einem Steinschlag in der Scheibe. Fürchtet man eventuelle Kosten? Geht es den Wettbewerbern von Carglass immer noch zu gut oder ist es die Furcht, einem finanzstarken Gegner die Stirn zu bieten? Die Strategen in der Kölner Zentrale werden deshalb derzeitig vor Lachen kaum in den Schlaf kommen. Wie lange lassen sich auch die Versicherungen noch diesen Unfug gefallen? Vielleicht werden sich mal einig und lassen den jahrelang gehätschelten Anbieter ins Leere laufen. Wer weiß?

Ein norddeutscher Autoglaser hat es mal gewagt, Carglass wegen der Zugabeverordnung zu verklagen und hat in drei Instanzen bis hin zum BGH gewonnen. Es geht also, wenn man konsequent seine Sache durchzieht. Es gibt einem schon zu denken, wie Carglass strategisch in den letzten 10 bis 15 Jahren unterwegs war, um sich Marktanteile zu sichern. Marktanteile, die sie sich von markengebundenen, freien Werkstätten und insbesondere auch von anderen Autoglas-Spezialisten geholt und ihnen dabei reichlich verbrannte Erde hinterlassen haben. 

Möglicherweise ist diese bundesweite Aktion inzwischen beendet worden. Hatten auch Sie liebe Leser Besuch von Testkäufern und wurden abgemahnt? Lassen Sie es uns wissen! Vielleicht finden sich ja doch ein paar Mutige zusammen und wehren sich. Wir werden Sie über den Fortgang des laufenden Prozesses weiter informieren.  


Das Redaktionsteam von autoglaser.de 21.07.2011

Autor: AUTO.net GLASinnovation

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